Ein Tag im DJK-Waldkindergarten 

Wir beginnen den Tag um 7 Uhr in unserem Raum. Dieser ist eingerichtet wie ein Gruppenraum im Regelkindergarten (Maltisch, Brotzeittisch, Bauecke, Puppenecke, Leseecke, Werkraum…). Dort haben die Kinder die Möglichkeit zum Freispiel, das bedeutet, dass sie in freier Selbstbestimmung ihre Tätigkeiten auswählen und ihren spontanen Bedürfnissen nachgehen. Sie suchen sich ihr Spielmaterial und ihre Spielpartner selbst aus, setzen sich Ziele und Spielaufgaben und bestimmen von sich aus Verlauf und Dauer eines Spiels. In spielerischer Auseinandersetzung mit der Umwelt entfalten die Kinder ihre Stärken und lernen gleichzeitig ihre Fähigkeiten und Grenzen kennen. Im Umgang mit den Spielpartnern gewinnen die Kinder soziale Reife und entwickeln Lebenstüchtigkeit.

Während der Freispielzeit werden altersentsprechende gezielte Angebote in Kleingruppen durchgeführt, z.B. Kochen, Backen, Werken, Töpfern, Bilderbuchbetrachtung, Meditation… Diese ergeben sich aus der aktuellen Gruppensituation, den Bedürfnissen und Interessen der Kinder, den Jahreszeiten, sowie verschiedenen religiösen und kulturellen Festen. Auch im Wald finden diese Beschäftigungen statt.

Witterung und Gruppensituation bestimmen, wann es nach dem Morgenkreis den Herrgottsberg hoch Richtung Wald geht.

Die Freispielzeit im Raum endet mit dem Anschlagen der Klangschale, jeden Tag durch ein anderes Kind. Jetzt werden alle benutzten Spielsachen an ihren Platz zurückgelegt, der Maltisch gesäubert, Werkzeuge aufgeräumt… Danach erledigt jedes der 20 Kinder noch „seine Dienste“, damit unser Gruppenraum für alle sauber und gemütlich bleibt: Boden kehren, Brotzeittisch und -bank abwischen, Blumen und selbst Angepflanztes gießen, Tafel wischen, Stifte spitzen und ordnen, Bilder aufhängen, Bücher einordnen…

Im Morgenkreis werden Regeln gefunden und besprochen, bringen die Kinder Anliegen vor, werden Spiele gemacht, Lieder gesungen, Gedichte aufgesagt,… und zum Abschluss die „Karten gezogen“: 2 Kinder, die das gleiche Tiermotiv ziehen, gehen gemeinsam in den Wald. Das Kind, das die Klangschale angeschlagen hat, übernimmt an diesem Tag die Verantwortung für unseren Handwagen, in dem wir meist Decken, Bücher, Werkzeuge, Waschlappen zum Säubern der Hände… transportieren. An bestimmten Wegstationen warten die Kinder und es findet ein Wechsel beim Ziehen statt, den die Kinder meist selbst organisieren.

Im Wald suchen wir gemeinsam nach Lust, Wetter und Laune die Plätze für uns aus, die uns an diesem Tag ansprechen. Jeder Platz hat wetter-, tages- und jahreszeitenabhängig seine eigene Atmosphäre. Die Kinder bilden sehr schnell einen Orientierungssinn für die Lage „ihrer“ Plätze, die wir immer wieder aufsuchen: Sonnen-, Waldspielgruppen-, alten und neuen Bauwagen-, Schiffs-, Paradies-, Gottesdienst-, Sommerfestplatz, Fuchsloch, Nervenheil… und andere reizvolle Plätze.

Lassen wir uns dort nieder, frühstücken die Kinder gemeinsam oder in Kleingruppen an von ihnen als gemütlich empfundenen Stellen, was sie im Raum noch nicht verzehrt haben. Danach erkunden sie im freien Spiel den Wald. Sie haben – von festen, mit ihnen zusammen erarbeiteten Regeln geleitet – die Wahl:

  • in der Stille zur Ruhe kommen und z. B. an einen Baum gelehnt zu träumen
  • auf dem Rücken auf der ausgebreiteten Decke liegend mit den Augen dem Schwanken der Baumwipfel folgen

  • auf dem Bauch liegend den Duft der Erde einatmen und den Weg eines Käfers beobachten

  • mit lautem Juchzen den Mountainbike-Hang am Fuchsloch hinuntersausen und sich in die Kurve legen

  • manche Jungen und Mädchen streifen durch ihre Geheimgänge im Dickicht  oder richten auf einer kleinen Lichtung eine Wohnung für „ihre Familie“ ein… dicht wachsende Buchenzweige sind die Zimmerwände… die Phantasie ist allgegenwärtig

  • einige Kinder sitzen zusammen und schnitzen Stöcke, die fürs Grillen beim Kartoffelfeuerfest benötigt werden

  • andere spielen am Waldweg „Ochs am Berg“ und „Mutter wie viele Schritte darf ich reisen gehen“ oder…

  • beim freien Spiel residiert eine Königsfamilie in ihrem Schloss nicht weit entfernt, aber ungestört von den in der Nachbarschaft in ihren Höhlen hausenden und kletternden Geparden

  • unter einem alten Baum lassen sich Märchen oder Bilderbuchgeschichten genießen

Die Kindergemeinschaft verteilt sich im Wald, die Kleingruppen empfinden sich als getrennt und doch verbunden. In Freiheit suchen die Kinder den ihren innersten Bedürfnissen entsprechenden Raum. Der Wald als lebender Organismus beeinflusst uns Menschen. Die natürlichen Gegebenheiten des Waldes schließen eine Überforderung der Sinne durch zu viele äußere Reize von selbst aus. Dieses Empfinden nehmen die Kinder mit nach Hause in ihren Alltag, zu ihren Familien und mit in ihr späteres Leben.

Der Wald mit seinen unendlich vielen naturgegebenen Sinnesreizen und dem weiten Raum schult Fähigkeiten wie Koordination, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Gleichgewichtssinn. Das Körperbewusstsein erweitert sich stetig. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wächst, es entsteht durch gesundes Selbstvertrauen Selbstbewusstsein und daraus Selbstwertgefühl, verbunden mit körperlicher und seelischer Stabilität. Bewegungsmöglichkeiten sind im Wald vielfältig und variabel. Bewegung formt unseren Körper und das Gehirn. Im Wald zeigen und entwickeln unsere Kinder Bewegungsfreude.

In unserem Bauwagen befinden sich Werkzeuge, Bastelmaterial, Farben, Spiele, Bücher und an der Regentonne können „Wasserexperimente“ stattfinden.

An manchen Tagen machen wir Ausflüge an den Wellenburger Weiher, in die Gegend um den Ziegelstadel oder besuchen Privatpersonen und Einrichtungen unserer Gemeinde, wie z.B. die Gärtnerei, die Bäckerei, die Feuerwehr, den Imker, eine Märchenerzählerin oder Menschen, die uns für Löwenzahnsirup die ungespritzten Blüten aus ihrem Garten abzupfen, die Nüsse, Johannisbeeren, Äpfel oder gelben Mirabellen ernten lassen.

Gegen 13 Uhr beenden wir das „Waldbaden“ im Abschlusskreis mit einer fortlaufenden Geschichte, einem Lied oder Gebet und machen uns auf den Heimweg. Zwischen 13.30 Uhr und 14 Uhr werden die Kinder an unserem Raum am Herrgottsberg abgeholt.